#KeinOrtfürKinder
JUMEN arbeitet seit 2021 zur Situation von Kindern und ihren Familien in (Erst-)Aufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete. In diesen Einrichtungen sind die Rechte von Kindern massiv eingeschränkt, weshalb ihr Aufenthalt in den Einrichtungen auf ein absolutes Minimum begrenzt werden sollte.
Artikel 3 Absatz 1 UN-Kinderrechtskonvention
Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, […] ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.
Worum geht es?
Geflüchtete werden nach ihrer Ankunft in Deutschland zunächst in sogenannten (Erst-)Aufnahmeeinrichtungen untergebracht, in manchen Bundesländern sind diese unter dem Namen AnkER-Zentren (Ankunfts‑, Entscheidungs- und Rückführungszentren) bekannt. Die Betroffenen müssen dort oft viele Monate, teilweise bis zu zwei Jahre wohnen. Für Familien mit Kindern ist eine Höchstdauer von sechs Monaten vorgesehen, bevor sie auf kommunale Unterkünfte weiter verteilt werden.
Wie eine Studie der Kinderrechtsorganisation terre des hommes aus dem Jahr 2020 zeigt, bedeutet die Unterbringung in einer dieser Massenunterkünfte eine Vielzahl an Grund- und Menschenrechtseingriffen. Kinder und Jugendliche leiden dabei besonders unter der Enge und fehlenden Privatsphäre, Gewalt und häufigen Polizeieinsätzen zur Durchführung von Abschiebungen, sowie dem mangelnden Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung.
Geflüchtete Kinder und Jugendliche sind jedoch – wie alle anderen Personen auch – Träger von individuellen Rechten. Sie haben einen Rechtsanspruch auf Schulbildung, Zugang zur Kita, gesundheitliche Versorgung, Schutz der Privatsphäre oder Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe.
Werden diese Rechte nicht gewährt, kann dies zu einem Anspruch auf Entlassung aus der Aufnahmeeinrichtung führen. Die juristischen Möglichkeiten werden bislang wenig diskutiert bzw. in gerichtlichen Verfahren genutzt.
Artikel 23 Absatz 1 Satz 2 EU-Aufnahmerichtlinie (2013/33/EU)
Die Mitgliedstaaten gewährleisten einen der körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen und sozialen Entwicklung des Kindes angemessenen Lebensstandard.
Unser Projekt
JUMEN hat gemeinsam mit terre des hommes e.V. ein Gutachten zur Vorbereitung strategischer Prozessführung zu dem Thema erarbeitet, um die rechtlich fragwürdige Lebenssituation für Kinder und Jugendliche in Aufnahmeeinrichtungen zu beenden. Darin legen wir dar, unter welchen Voraussetzungen Minderjährige und ihre Familien schon vor Ablauf der sechs Monate einen einklagbaren Anspruch auf Entlassung aus einer Aufnahmeeinrichtung haben.
Im Kern geht es um eine Argumentation auf der Grundlage von § 49 Absatz 2 AsylG. Danach kann die Verpflichtung zum Aufenthalt in einer Aufnahmeeinrichtung u.a. aufgrund einer Verletzung des Schutzguts der öffentlichen Sicherheit beendet werden. Schutzgut der öffentlichen Sicherheit sind auch die individuellen Rechte von Kindern und Jugendlichen in Aufnahmeeinrichtungen und die Einhaltung von unions- und völkerrechtlichen Bestimmungen. So kann die Verweigerung des Zugangs zu Rechten wie das Recht auf Bildung oder eine angemessene gesundheitliche Versorgung zu einer Beendigung des Aufenthalts in Aufnahmeeinrichtungen führen. Betroffene Kinder und Jugendliche haben die Möglichkeit vor den zuständigen Gerichten ihre individuellen Rechtsansprüche geltend zu machen.
Hier geht es zum Gutachten „Der Anspruch auf Entlassung aus einer Aufnahmeeinrichtung für minderjährige Geflüchtete und ihre Familien unter besonderer Berücksichtigung der Kinderrechte“
Wir unterstützen außerdem den Aufruf „AnkER-Zentren: Kein Ort für Kinder – Kein Ort für Niemanden!“ und fordern einen politischen Wandel in Bezug auf die Unterbringung von Geflüchteten, insbesondere von Kindern und Jugendlichen.