Mohammed, 16 Jahre, aus Syrien
Fall 03 – Mohammed (#eingereist)
Mohammed*, der Schwager des berühmten Friedenskämpfers „Little Ghandi“ schafft es nach Deutschland. Nach vier Jahren Trennung und einer Klage beim Verwaltungsgericht Berlin werden seine Schwester, deren Sohn und seine Eltern als Härtefälle anerkannt und bekommen in Herbst 2019 ihre Visa. JUMEN begleitete das Verfahren zusammen mit der Kooperationsanwältin Sigrun Krause.
Auswärtiges Amt gewährt Härtefall nach Klage
Mohammeds Schwager Ghiath Matar wurde international bekannt als “Little Gandhi”. Er führte die friedlichen Demonstrationen gegen das syrische Regime an und wurde zum Symbol des Widerstands gegen Assad und seine Truppen. In Darayya, einem Vorort von Damaskus, begrüßte Ghiath Matar die Armee mit Blumen und Wasserflaschen. Das war seine Art des gewaltfreien Protests gegen das Regime. Er wurde vom Geheimdienst verhaftet, gefoltert und getötet. Seine Frau war damals schwanger. Ghiath Matar wurde 26 Jahre alt.
„Er wurde getötet wegen seiner Entschlossenheit, friedlich gegen die brutale Unterdrückung durch das syrische Regime zu protestieren. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie.“ Catherine Ashton, EU
Mohammed, Ghiath Matars Schwager, floh 2015 mit 15 Jahren nach Deutschland und erhielt ein Jahr später den subsidiären Schutz. Seither bemühte er sich darum, dass seine Familie in Deutschland Schutz ersuchen kann. Seine Eltern, seine Schwester (die Witwe von Matar) und ihr Sohn halten sich, laut Mohammed, seit dem Mord an Ghiath Matar aus Angst vor der Rache des Regimes in Syrien versteckt. Sie fürchten sich, als Angehörige des Friedensaktivisten identifiziert zu werden.
Mit Unterstützung von JUMEN wird 2017 ein Härtefallantrag beim Auswärtigem Amt beantragt und Klage sowie Eilantrag beim Verwaltungsgericht gestellt, mit dem Ziel, die Familie nachkommen zu lassen. Das Problem, Mohammed wird bald 18! Nachdem im Oktober 2017 die Süddeutsche Zeitung über den Fall berichtete, wird im November 2017 die Witwe mit ihrem Sohn in die Botschaft in Beirut eingeladen, um ein humanitäres Visa zu beantragen. Allerdings werden Mohammads Eltern ausgeschlossen. Der Eilantrag der Eltern wird abgelehnt. Begründung: Für sie gilt die gesetzliche Aussetzung des Familiennachzugs.
„Es ist nicht nachvollziehbar, warum nur ein Teil der Kernfamilie als Härtefall gelten soll.“ Sigrun Krause, JUMEN
Inzwischen ist Mohammed 18. Zwar gibt es rechtlich wieder die Möglichkeit des Familiennachzuges über das Kontingent, allerdings soll die Familie davon nicht profitieren. Mit der Volljährigkeit von Mohammed gilt die Regelung nicht mehr für seine Eltern. Aus der Sicht von JUMEN ist es weder mit dem Kindeswohl, noch mit dem grund- und menschenrechtlich verbrieften Recht auf Familie vereinbar, wenn Familien ihr Recht auf Familie für immer verlieren, weil sich Asyl- oder Visumsverfahren verzögern oder der Familiennachzug ausgesetzt wird. Auch das Verwaltungsgericht Berlin sieht die Frage als klärungsbedürftig an. Das Bundesverwaltungsgericht soll entscheiden. Dazu kommt es jedoch in diesem Verfahren nicht.
In einem weiteren Gerichtsprozess im August 2019 gibt das Auswärtige Amt nach und erteilt auch für die Eltern Visa zur Einreise nach Deutschland, trotz der Volljährigkeit ihres Sohnes. Endlich können die Eltern zu ihren Kindern und ihrem Enkel einreisen. JUMEN begleitete das Verfahren zusammen mit der Rechtsanwältin Sigrun Krause.
„Erinnert euch an mich, wenn ihr Jasminblüten auf dem Boden verteilt, und wenn ihr Ziegel zum Bauen aufeinanderstapelt, und wenn ihr die Zukunft in den Augen der Kinder seht.“ Ghiath Matar
In der Presse:
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*Name geändert zum Schutz der Person